Menschenrechts- und Advocacyarbeit
Unsere Ansätze
Derzeit wird Menschenhandel in fast allen Ländern der Europäischen Union mit großer Priorität diskutiert. Leider entsteht hierbei der Eindruck, als würde ein Schwerpunkt gesetzt, von dem die Betroffenen nichts zu erwarten haben. Denn der Fokus dieser Betrachtungen liegt einzig und allein auf dem Wanderungsprozess und nicht auf dem Schutz für die Betroffenen. Auch wird das Thema Menschenhandel häufig dafür instrumentalisiert um Migration zu beschränken. Für uns ist dies aus menschenrechtlicher Perspektive nicht akzeptabel.
Die Möglichkeit einer legalen Arbeitsaufnahme - auch in der Prostitution - für Migrantinnen wäre die beste Prävention gegen Menschenhandel. Wir gehen davon aus, dass restriktive Einreisemöglichkeiten mitverantwortlich für die Existenz von Menschenhandel sind.
Offenbar gibt es einen Bedarf an Arbeitskräften, sowohl in der Prostitution als auch in anderen Industriezweigen. Auf der anderen Seite gibt es migrationswillige Menschen, die bereit sind, diese Arbeiten auszuführen. Es ist nicht nachvollziehbar, warum westeuropäische Staaten dies nicht ermöglichen.
Das deutsche Zuwanderungsgesetz hätte den Rahmen geboten, auf diesen Bedarf adäquat zu reagieren - leider hat die Regierung aber diese Gelegenheit völlig ungenutzt gelassen. Zwar sind Migrationskanäle für hochqualifizierte Arbeitskräfte geschaffen worden, aber für potentielle Arbeitnehmer_innen in anderen Bereichen wurde nur in wenigen Ausnahmen ein Migrationsweg etabliert.
Fortbildungen für Behördenmitarbeiter_innen
Betroffene von Menschenhandel sind nicht nur traumatisierte Opfer einer Straftat, sie haben ggf. auch gegen das Aufenthaltsgesetz verstoßen, weshalb sie aus der Sicht der Strafverfolgung auch Täter_innen sein können. Diese widersprüchliche Rolle und die Tatsache, dass ihre Aussagen meist der einzige Beweis in Strafverfahren sind haben zur Folge, dass viel von der Glaubwürdigkeit der Betroffenen als Zeuginnen im Strafverfahren abhängt.
Daher ist eines der Ziele unserer Menschenrechtsarbeit die Sensibilisierung derjenigen Behördenmitarbeiter_innen, die in Kontakt mit Betroffenen von Menschenhandel kommen. Schwerpunkte der Sensibilisierung bilden Informationen zu der Vulnerabilität traumatisierter Menschen, institutionalisierter Rassismus sowie Vorbehalte gegenüber Prostituierten.
Ban Ying e.V. bietet in Kooperation mit der Senatsverwaltung für Frauen und der Berliner Polizei regelmäßig Fortbildungen zu diesen Themen an.
Wissenschaftliche Arbeit
Als einzige Koordinations- und Beratungsstelle gegen Menschenhandel in Berlin sind wir im Bereich der wissenschaftlichen Arbeit mit einem Gender- und Menschenrechtsansatz aktiv. Die Kombination unserer unterschiedlichen Arbeitsbereiche ermöglicht es uns, permanenten Feedback aus der Praxis zu bekommen und gezielt die Hauptanliegen und Bedürfnisse der Frauen zu identifizieren und zu analysieren. Außerdem führen wir narrative Interviews mit Betroffenen von Menschenhandel, beobachten und dokumentieren Gerichtsprozesse und werten diese Informationen anonymisiert aus. Unsere frauenrechtsorientierte Arbeit hat schon zu verschiedenen Veröffentlichungen geführt.