Menschenhandel ist eine Menschenrechtsverletzung

Die im Jahr 2000 unterschriebene UN-Konvention „Protokoll zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels, in Ergänzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende Organisierte Kriminalität" (Palermo Protokoll) gibt eine umfassende Definition von Menschenhandel, auf der seither alle weiteren internationalen Erklärungen basieren.

Menschenhandel liegt demnach vor, wenn Personen durch Drohung, Täuschung, Gewalt oder Missbrauch von Macht angeworben werden und zur Aufnahme oder Fortsetzung von Tätigkeiten gezwungen werden, die ausbeuterisch oder sklavenähnlich sind.

Dabei ist keine Grenzüberschreitung notwendig: das Ausnutzen einer Zwangslage oder Hilflosigkeit im Inland kann auch unter den Begriff Menschenhandel fallen.

Menschenhandel ist stark mit der Problematik der – durch die globale soziale Ungleichheit bedingten – weltweiten Wanderungs/Fluchtbewegung und der  restriktiven Migrations- und Arbeitsmarktpolitik der Nationalstaaten verknüpft. In der internationalen Debatte ist daher neben dem strafrechtlichen Aspekt zunehmend auch die Menschenrechtsperspektive von Bedeutung. Schon seit über zwanzig Jahren setzen sich NGOs und quasi-NGOs, die gegen Menschenhandel aktiv sind, für die Stärkung dieser Menschrechtsperspektive ein.

Indikatoren des Menschenhandels

Die Lebenssituationen von Betroffenen von Menschenhandel zeichnen sich dadurch aus, dass sie unter Bedingungen arbeiten und leben, die der Sklaverei ähneln. Sie haben wenig bis keinerlei Einfluss auf ihre Arbeitsbedingungen. Sie können gnadenlos ausgebeutet werden und dienen allein dem Profitstreben anderer.

Für Frauen, die in der Sexindustrie Betroffene von Menschenhandel werden, kann dies bedeuten, dass sie keine Kunden oder Sexualpraktiken ablehnen dürfen und nicht auf Kondome bestehen dürfen. Hinzu kommt, dass sie die sexuellen Wünsche der Täter (ungewollt und unentgeltlich) erfüllen müssen. Ihre Verdienstmöglichkeiten - sofern überhaupt vorhanden - stehen in einem absoluten Missverhältnis zu ihren Einnahmen. Bei der Identifizierung von Menschenhandel in die sexuelle Ausbeutung spielt die Verteilung des Prostitutionserlöses eine wichtige Rolle. Hinsichtlich der Einnahmenverteilung ist beispielsweise für die Berliner Polizei ein wichtiges Indiz für Menschenhandel, wenn mehr als 50% des Prostitutionserlöses abgegeben werden muss.

Für Betroffene des Menschenhandels aus anderen Industrien kann es bedeuten, Arbeitszeiten von bis zu 19 Stunden am Tag zu haben und auch nicht in der Position zu sein, einzelne Tätigkeiten abzulehnen. Auch sie verdienen - wenn überhaupt etwas - wesentlich weniger als andere Arbeitnehmer_innen in einer vergleichbaren Position.

Ihre fiktiven oder tatsächlichen Schulden zahlen Betroffene des Menschenhandels zu einseitig bestimmten Bedingungen und Zinsen ab. Nicht nur für die Einreise, auch für Kost, Logis etc. werden unverhältnismäßig hohe Kosten verlangt. Die Höhe der Summen macht deutlich, dass diese den realen Kosten einer Einreise in keiner Weise entsprechen. Die Rückzahlungsmodalitäten sind in der Regel einseitig bestimmt und von den Frauen nicht verhandelbar. Manche von ihnen werden der Freiheit beraubt und erleben Gewalt. 

Menschenhandel in Deutschland

Seit 2005 ist Menschenhandel nicht mehr eine Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, sondern eine Straftat gegen die persönliche Freiheit eines Menschen.

Im 18. Abschnitt des StGB werden folgende Straftatbestände geregelt (Strafrechtsänderung ist im Oktober 2016 in Kraft getreten):

  • § 232 StGB: Menschenhandel
  • § 232 a StGB: Zwangsprostitution
  • § 232 b StGB: Zwangsarbeit
  • § 233 StGB: Ausbeutung der Arbeitskraft
  • § 233 a StGB: Ausbeutung unter Ausnutzung einer Freiheitsberaubung

Über das quantitative Ausmaß dieses Verbrechens wird viel gemutmaßt, wirklich seriös sind bzw. können diese Schätzungen nicht sein. Die einzig fundierte Zahl für Deutschland ist die, die das Bundeskriminalamt jährlich in seinem Lagebericht Menschenhandel veröffentlicht. Hierbei handelt es sich lediglich um Fälle, die der Polizei bekannt sind bzw. um solche, bei denen es mindestens zu einem Ermittlungsverfahren gekommen ist - also dem polizeibekannten Hellfeld. Über das Dunkelfeld sagen aber diese Zahlen nichts aus; seriöse Schätzungen hierzu sind nicht möglich. Zudem besteht eine Diskrepanz zu den Fallzahlen der Fachberatungsstellen. Neben der reinen quantitativen Differenz ergibt sich im Bereich des Menschenhandels auch eine Diskrepanz zu der Vielzahl von Herkunftsländern, die im Lagebild Menschenhandel des Bundeskriminalamts nicht vorkommen.